Neuer Quantencomputer knackt 1000-Qubit-Marke – Beginn einer neuen Computing-Ära

Die Quanteninformatik erreicht einen historischen Meilenstein: Sowohl Atom Computing als auch IBM haben die magische 1000-Qubit-Schwelle durchbrochen. Mit 1.180 beziehungsweise 1.121 Qubits markieren ihre neuesten Prozessoren den Übergang vom Laborexperiment zur praktischen Anwendung. Diese Entwicklung bringt die Vision fehlertoleranter Quantencomputer, die klassische Supercomputer in bestimmten Bereichen übertreffen können, in greifbare Nähe.

Was sind Quantencomputer und warum sind 1000 Qubits so bedeutend?

Während traditionelle Computer mit binären Bits arbeiten – entweder Einsen oder Nullen – nutzen Quantencomputer Qubits, die dank der Quantenüberlagerung beide Zustände gleichzeitig annehmen können. Diese Eigenschaft verleiht Quantencomputern eine enorme Rechenleistung für spezifische Aufgaben, die für klassische Computer praktisch unlösbar sind.

Die 1000-Qubit-Marke ist aus mehreren Gründen bedeutsam. Experten schätzten lange, dass etwa 333 Qubits ausreichen würden, um mehr Rechenleistung zu bieten als alle klassischen Computer der Welt zusammen – zumindest für bestimmte Problemstellungen. Mit über 1000 Qubits rücken Anwendungen näher, die bisher reine Theorie waren: Simulation komplexer Moleküle für die Medikamentenentwicklung, Optimierung logistischer Netzwerke oder das Knacken bestehender Verschlüsselungsmethoden.

Atom Computing: Pionier mit neutralen Atomen

Das kalifornische Startup Atom Computing, gegründet erst 2018, überraschte die Fachwelt im Oktober 2023 mit der Ankündigung seines 1.180-Qubit-Systems. Das Unternehmen nutzt einen fundamental unterschiedlichen Ansatz im Vergleich zu IBM: neutrale Atome anstelle von supraleitenden Schaltkreisen.

Bei dieser Technologie werden Ytterbium-Atome in einer evakuierten Kammer platziert. Laser erzeugen ein zweidimensionales Gittermuster, das die Atome an präzisen Positionen festhält. Das System verfügt über 1.225 potenzielle Plätze für Atome, von denen aktuell 1.180 mit funktionsfähigen Qubits besetzt sind.

IBM Condor und Heron: Der etablierte Gigant schlägt zurück

IBM, seit Jahren führend in der Quantencomputer-Entwicklung, kündigte im Dezember 2023 auf dem IBM Quantum Summit in New York gleich zwei bedeutende Prozessoren an: Condor mit 1.121 Qubits und Heron mit 133 Qubits.

Heron kann bis zu fünfmal länger fehlerfrei rechnen als der Vorgänger Eagle und weist die niedrigste Fehlerrate aller bisherigen IBM-Quantenprozessoren auf. Diese Qualitätsverbesserung macht Heron zu einem praktischeren Werkzeug für reale Anwendungen in Chemie, Physik und Materialforschung.

Die Fehlerkorrektur-Revolution

Die größte Herausforderung beim Bau praktischer Quantencomputer bleibt die Fehlerkorrektur. Qubits sind extrem empfindlich: Selbst Streulicht, thermisches Rauschen oder elektromagnetische Felder können zu Rechenfehlern führen. Mit steigender Qubit-Zahl verschärft sich das Problem.

Die Lösung sind logische Qubits – Cluster mehrerer physischer Qubits, die zusammenarbeiten, um eine Informationseinheit zu speichern und sich gegenseitig auf Fehler zu überwachen. Ein voll fehlertoleranter Quantencomputer benötigt allerdings Hunderttausende oder Millionen physischer Qubits, um Tausende logische Qubits zu realisieren.

Anwendungen: Wo Quantencomputer klassische Systeme übertreffen

Medikamentenentwicklung und Chemie: Quantencomputer können Moleküle und chemische Reaktionen auf fundamentaler Ebene simulieren. Ein fehlertoleranter Quantencomputer könnte neue Medikamente, Katalysatoren oder Materialien entwerfen.

Optimierungsprobleme: Logistik, Lieferketten, Finanzportfolios und Verkehrssteuerung beinhalten komplexe Optimierungsaufgaben. Quantenalgorithmen könnten bessere Lösungen finden als klassische Methoden.

Kryptografie: Shors Algorithmus kann große Zahlen effizient faktorisieren. Experten schätzen, dass etwa 1.500 bis 3.000 stabile Qubits ausreichen würden, um Bitcoin-Wallets zu knacken. Der Zeitrahmen wird um 2030 bis 2035 erwartet.

Zeitplan: Wann werden Quantencomputer praktisch nutzbar?

Google und IBM rechnen mit den ersten sinnvollen Quantencomputern in fünf bis acht Jahren. IBMs Roadmap sieht konkrete Meilensteine vor:

  • 2025: Kookaburra-Prozessor mit 4.158 Qubits
  • 2029: IBM Quantum Starling mit 200 logischen Qubits
  • 2033: IBM Quantum Blue Jay mit 2.000 logischen Qubits

FAQ: Häufig gestellte Fragen zu Quantencomputern

Was ist der Unterschied zwischen einem Qubit und einem Bit?
Ein klassisches Bit kann entweder 0 oder 1 sein. Ein Qubit kann dank Quantenüberlagerung beide Zustände gleichzeitig einnehmen.

Werden Quantencomputer normale Computer ersetzen?
Nein. Quantencomputer sind für spezifische Aufgaben optimiert. Für alltägliche Anwendungen bleiben klassische Computer überlegen.

Wie viele Qubits braucht man für praktische Anwendungen?
Für viele nützliche Probleme werden fehlerkorrigierte Systeme mit Tausenden logischen Qubits benötigt.

Die 1000-Qubit-Marke ist mehr als nur eine Zahl – sie symbolisiert den Übergang der Quanteninformatik vom akademischen Experiment zur industriellen Realität. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob die optimistischen Prognosen zutreffen. Eines ist jedoch sicher: Quantencomputer sind keine Science-Fiction mehr. Sie sind Realität – und sie werden unsere Welt verändern.

Weitere Informationen zu Quantencomputern finden Sie auf Wikipedia – Quantencomputer und Wikipedia – Qubit.

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