Es begann mit Begeisterung – und endete in Trümmern. Als im Sommer 1914 die ersten Soldaten an die Front zogen, malten sie noch „Zum Preisschießen nach Paris!“ auf die Bahnwaggons. Vier Jahre später lagen über neun Millionen Menschen tot auf den Schlachtfeldern. Ein globales Trauma, das bis heute nachwirkt.
Was als kurzer „Waffengang“ geplant war, wurde zum Albtraum. Veraltete Strategien trafen auf moderne Waffen – mit verheerenden Folgen. „Man rechnete mit Heldenepen, nicht mit Schützengräben“, schrieb ein Zeitzeuge später. Dabei kämpften insgesamt 65 Millionen Soldaten, so die Zusammenfassung der Landeszentrale für politische Bildung.
In Wien, wo alles begann, spürte man die Folgen besonders: Brotkarten, leere Läden, hungernde Kinder. 45 Millionen Portionen aus Kriegsküchen konnten den Mangel kaum lindern. Aus Euphorie wurde Verzweiflung – eine Lektion, die sich ins kollektive Gedächtnis brannte.
1. Der Erste Weltkrieg: Einführung und historischer Kontext
Ein Schuss in Sarajevo veränderte die Welt für immer. Doch der Weg dorthin war lang – geprägt von Bündnissen, Misstrauen und nationalen Egoismen. Europa glich einem Pulverfass, das nur auf den Funken wartete.
Die Vorkriegszeit und europäische Bündnissysteme
Vor 1914 webte Europa ein kompliziertes Netz aus Verträgen. Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien bildeten den Dreibund. Frankreich, Russland und Großbritannien antworteten mit der „Entente cordiale“.
Dazwischen brodelte der Balkan. Österreich-Ungarn hatte Bosnien annektiert – ein Affront für Serbien. „Jeder wusste, dass der nächste Konflikt dort kommen würde“, notierte ein Diplomat. Nur wann?
Land | Bündnis | Interessen |
---|---|---|
Deutschland | Dreibund | Kolonialmacht werden |
Österreich-Ungarn | Dreibund | Balkan kontrollieren |
Großbritannien | Entente | Seeherrschaft behalten |
Das Attentat von Sarajevo als Auslöser
Am 28. Juni 1914 besuchte Franz Ferdinand, der österreichisch-ungarische Thronfolger, Sarajevo. Trotz Warnungen fuhr er im offenen Wagen – ein fataler Fehler.
Gavrilo Princip, ein junger Attentäter, schoss zweimal. „Empfänge der Landbevölkerung rührend“, hatte der Thronfolger noch am Vortag telegraphiert. Nun lag er sterbend im Wagen.
Die Wiener Presse machte sofort Stimmung: „Mörder ein serbischer Gymnasiast“. Dabei war Princip Bosnier. Die Bürokratie reagierte schneller als je zuvor – zwei historische Telegramme im Stadtarchiv zeugen davon.
In Wien herrschte Chaos. Wer sollte wem den Krieg erklären? Der Mechanismus der Bündnisse begann zu rattern – und riss bald ganz Europa mit sich.
2. Der Kriegsausbruch 1914: Von der Julikrise zur Mobilmachung
Wie Dominosteine fielen die Nationen in den Krieg – einer nach dem anderen. Was als diplomatisches Hickhack begann, endete im Juli 1914 mit einer Kettenreaktion, die niemand mehr stoppen konnte. „Man hätte es wissen müssen“, flüsterte später ein Beamter in Wien. Doch damals glaubten alle, sie hätten die Kontrolle.
Österreich-Ungarns Ultimatum an Serbien
Am 23. Juli 1914 stellte Wien Serbien ein Ultimatum: 48 Stunden Zeit, um zehn harte Bedingungen zu erfüllen. „So etwas unterschreibt kein souveräner Staat“, meinte ein serbischer Minister. Doch Serbien gab teilweise nach – zu spät. Österreich-Ungarn wollte den Krieg.
In Berlin rieb man sich die Hände. Kaiser Wilhelm II. notierte: „Jetzt oder nie!“ Dabei hätte ein Telefonat genügt, um die Sache zu entschärfen. Stattdessen rollten die ersten Züge Richtung Grenze.
Deutschlands „Blankoscheck“ und die Kettenreaktion
Das Deutsche Reich gab Wien einen „Blankoscheck“ – uneingeschränkte Unterstützung. Ein riskantes Spiel, wie diplomatisches Roulette. „Wir rechnen mit einem kurzen Waffengang“, verkündete der Kaiser. Die Realität sah anders aus.
Während Berlin feierte, bangten Bauern um ihre Ernte. Zwei Millionen Männer wurden sofort eingezogen – wer sollte nun das Korn einbringen? Kriegsbeginn hieß auch: leere Scheunen und volle Lazarette.
Kriegserklärungen und der Beginn der Kampfhandlungen
Am 1. August 1914 erklärte das Deutsche Reich Russland den Krieg. Zwei Tage später folgte Frankreich. Als deutsche Truppen in Belgien einmarschierten, zog auch Großbritannien mit. „Aus Verteidigung wurde Überfall“, spottete die Londoner Times.
Die erste Kriegserklärung löste eine Lawine aus. Bis zum 4. August standen sich alle Großmächte gegenüber. „Es war, als ob Europa einen kollektiven Suizid beging“, schrieb ein Augenzeuge. Der Kriegsbeginn war perfekt – und niemand wusste, wie er enden würde.
3. Der Verlauf des Ersten Weltkriegs: Schlachten und Wendepunkte
1916: Das Jahr, in dem Europa lernte, was „Abnutzungskrieg“ wirklich bedeutet. Aus schnellen Siegesplänen wurden monatelange Gemetzel – und aus Helden Desillusionierte. „Man kämpfte nicht mehr für die Nation, sondern um zu überleben“, schrieb ein Soldat aus den Schützengräben.
1914-1915: Scheitern des Schlieffen-Plans und Stellungskrieg
Der deutsche Schlieffen-Plan sah einen Blitzkrieg vor. Doch bei der Marne-Schlacht (September 1914) stoppten französische Truppen den Vormarsch – transportiert in Pariser Taxis! „Aus Bewegung wurde Erstarrung“, notierte ein Offizier.
An der Front entstand ein Netz aus Gräben. 260.000 Verwundete landeten bis März 1915 in Wiener Lazaretten. „Die Ärzte operierten im Schichtbetrieb – und vergaßen manchmal, wer schon dran war“, berichtete eine Krankenschwester.
1916-1917: Verdun, Somme und der Eintritt der USA
Die Schlacht Verdun (Februar-Dezember 1916) wurde zum Symbol des Wahnsinns. 700.000 Tote – für 10 km Gelände. „Hier siegt kein Mensch, nur der Tod“, funkte ein deutscher Funker.
Im Osmanischen Reich tobten Kämpfe im Nahen Osten. Doch die Wende kam aus Übersee: Am 6. April 1917 traten die USA in den Krieg ein. Grund: Deutscher U-Boot-Krieg. „Jetzt haben wir auch noch die Yankees gegen uns“, seufzte ein General.
1918: Die letzte Offensive und Zusammenbruch der Mittelmächte
Die deutsche „Kaiserschlacht“ (März 1918) war ein Verzweiflungsakt. Truppen stürmten vorwärts – ohne Nachschub. „Munitionsproduktion verdoppeln! Aber mit welchen Arbeitern?“, spotten Akten des Hindenburg-Programms.
Im Oktober kollabierte das Osmanische Reich. Wien hungerte, Berlin rebellierte. „Die Front hielt noch – doch die Heimat war längst verloren“, resümierte ein Historiker. Am 11. November war alles vorbei.
„Leben? Das ist die Pause zwischen zwei Granaten.“
4. Leben an der Heimatfront: Deutschland im Krieg
Während an der Front die Kanonen donnerten, kämpfte die Heimat ums tägliche Brot. Was als patriotisches Abenteuer begann, wurde zum Überlebenskampf – besonders in den Städten. „Die wahre Schlacht fand in den Küchen statt“, notierte eine Hausfrau 1917.
Das „August-Erlebnis“ und nationale Begeisterung
Anfang 1914 herrschte noch Euphorie. Menschenmassen jubelten Soldaten zu – besonders in Wien. „Sogar Blumenhändler verschenkten Sträuße“, berichtete die Presse. Doch die Bevölkerung ahnte nicht, was kommen würde.
Die Behörden förderten die Stimmung. Plakate zeigten lächelnde Frauen, die Munition drehten. „Jeder gab sein Bestes – bis die Realität zuschlug“, erinnerte sich ein Arbeiter später.
Versorgungskrise und Hungersnöte
Ab 1915 wurde Essen zur Währung. Wiener Brotkarten regelten den Lebensrhythmus:
- 1915: 200g Brot täglich
- 1918: Nur noch 40g Fett pro Woche
- 650.000 Wiener auf Sozialhilfe
Die Stadtverwaltung kämpfte gegen Chaos. Bürgermeister Weiskirchner schuf 12 neue Behörden – von der Milchkommission bis zur Tuberkulosefürsorge. „Wir verwalteten den Mangel“, gestand ein Beamter.
Propaganda und gesellschaftliche Spannungen
Plünderungen erschütterten die Stadt. 1915 stürmten Menschen Bäckerwagen – eine Szene, die sich tief einbrannte. Die Bevölkerung spaltete sich:
Gruppe | Reaktion |
---|---|
Arbeiter | Streiks für bessere Rationen |
Mittelstand | Hamsterkäufe auf dem Schwarzmarkt |
Die Unterstützung für den Krieg schwand. „Man diskutierte Mietstopps – während die Kanonen dröhnten“, schrieb ein Chronist. Galgenhumor wurde Überlebensstrategie.
„In der Kriegsküche gab es Suppe – wenn man das graue Wasser so nennen konnte.“
2,4 Millionen Menschen harrten 1918 in Wien aus – ein Paradox. Die Stadt war voll, doch das Leben darin wurde immer leerer. Die Behörden verloren die Kontrolle, die Unterstützung der Bürger ebenso.
5. Das Ende des Krieges und die Folgen
Am 11. November 1918 endete der Albtraum – zumindest auf dem Papier. Während die Folgen noch Jahrzehnte nachwirken sollten, unterschrieben Delegierte in einem Eisenbahnwaggon bei Compiègne den Waffenstillstand. Die Uhr zeigte 5:20 Uhr morgens, als Europa endlich aufhörte zu bluten.
Der Waffenstillstand vom 11. November 1918
Die Unterzeichnung glich einer Farce. Deutsche Generäle mussten um 5:12 Uhr antreten – pünktlich wie zum Exerzieren. Acht Minuten später war alles vorbei. „Man hätte meinen können, sie unterschrieben einen Liefervertrag für Kartoffeln“, spottete ein französischer Offizier.
Doch die Bedingungen waren hart:
- Sofortige Räumung besetzter Gebiete
- Abgabe von 5.000 Kanonen
- 30.000 Kriegsgefangene als „Pfand“
Ironischerweise dauerte der Krieg formell noch sechs Stunden. Einige Kommandeure ließen trotzdem weiterkämpfen – für nichts.
Politische Umbrüche: Abdankung des Kaisers und Revolution
Während die Feder des Kaisers noch über einer Abdankungserklärung schwebte, flohen Monarchen wie Schuljungen. Karl I. von Österreich unterschrieb nur eine „Verzichtserklärung“ – als ob das etwas ändern würde. „Die Kronen rollten durch Europa wie Kegelkugeln“, notierte ein Diplomat.
In Wien herrschte Chaos:
- Kaiserliche Insignien verschwanden in Kartons
- Soldaten verkauften Feldküchen an Bauern
- 12 neue Staaten entstanden aus Österreich-Ungarn
Die Folgen trafen Wien besonders hart: Plötzlich war man Hauptstadt eines Zwergstaats mit imperialem Migräne.
Der Vertrag von Versailles und seine Konsequenzen
US-Präsident Wilson hatte 14 Friedenspunkte versprochen. Was kam, waren 440 Artikel voller Rachegelüste. Deutschland musste:
- 132 Milliarden Goldmark zahlen
- Das Saarland abtreten
- Seine Armee auf 100.000 Mann reduzieren
„Aus 14 Punkten wurden 440 Fußtritte“, schrieb ein Berliner Zeitung. Die Staaten Eurosaßens auf einem Pulverfass – wieder einmal.
„Der Frieden kam, der Hunger blieb.“
17 Millionen Tote weltweit standen 70 Millionen Mobilisierten gegenüber. Und während Politiker redeten, rationierten Wiener Behörden Brot bis 1922. Der Krieg war vorbei – das Leiden nicht.
6. Fazit: Die historische Bedeutung des Ersten Weltkriegs
Was als schneller Sieg geplant war, endete in einer vierjährigen Tragödie. Europa glich 1914 einem Dampfkessel – doch statt Dampf abzulassen, explodierte er. „Man baute Panzer, aber vergaß das Brot“, resümierte ein Historiker später.
Die Bilanz? Neun Millionen Tote, zerstörte Städte und eine Weltordnung in Trümmern. Wien, einst Kaiserresidenz, wurde zum Mahnmal: Paläste standen leer, während die Bevölkerung nach Kartoffeln grub.
Heute gilt der Konflikt als „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“. Doch die Lehre blieb aktuell: Nie wieder Krieg! – wie ein Frontsoldat 1918 schrieb. Damals wie heute eine Mahnung, nicht eine Garantie.