Wusstest du, dass jede*r fünfte Bürgergeld-Bezieher*in in einer Bedarfsgemeinschaft lebt? Das Jobcenter stuft oft Partner*innen oder Familienmitglieder als solche ein – doch viele wissen nicht, welche Rechte sie haben.
Falsche Einstufungen können dich Hunderte Euro kosten. Zum Beispiel, wenn das Jobcenter Einkommen anrechnet, das gar nicht existiert. Oder wenn du dich vorschnell in eine Bedarfsgemeinschaft drängen lässt, ohne die Regeln zu kennen.
Hier erfährst du, worauf es ankommt: Was zählt als Partnerschaft? Wann gilt die Unterhaltsvermutung? Und wie kannst du Widerspruch einlegen? Du hast Rechte – nutze sie!
1. Definition: Was ist eine Bedarfsgemeinschaft?
Kennst du die rechtlichen Kriterien, nach denen das Jobcenter eine Bedarfsgemeinschaft festlegt? Laut §7 Abs.3 SGB II handelt es sich um eine „wirtschaftliche Schicksalsgemeinschaft“. Das bedeutet, dass Partner oder Familienmitglieder füreinander einstehen müssen.
- Eine feste Partnerschaft
- Gemeinsamer Haushalt
- Wechselseitige Verantwortung
Das Jobcenter geht automatisch von einer solchen Gemeinschaft aus, wenn ihr länger als ein Jahr zusammenlebt, gemeinsame Kinder habt oder füreinander sorgt. Viele denken fälschlicherweise: „Wir sind nur eine WG“ – doch die Behörde sieht das oft anders.
„Die Bedarfsgemeinschaft ist das schärfste Schwert der Jobcenter“
Historisch betrachtet basiert dieses Konzept auf der Annahme, dass Lebenspartner ihren Lebensunterhalt gemeinsam sichern. Heute führt diese Regelung oft zu Streitfällen, besonders bei getrennten Finanzen.
Mehr Details zur rechtlichen Einordnung findest du in unserer vertiefenden Analyse.
2. Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft
Wer genau zählt eigentlich zu deiner Bedarfsgemeinschaft? Das Jobcenter legt fest, welche Personen füreinander einstehen müssen. Diese Entscheidung beeinflusst deine Leistungen stark.
2.1 Erwerbsfähige Hilfebedürftige
Als erwerbsfähige Person stehst du im Mittelpunkt. Aber Vorsicht: Lebst du mit anderen zusammen, kann ihr Einkommen auf dich angerechnet werden.
Beispiel: Clara (23) verlor ihren Anspruch, weil sie mit ihrem Freund in einer WG wohnte. Das Jobcenter sah darin eine Verantwortungsgemeinschaft.
2.2 Partner und Lebensgemeinschaften
Nicht nur Ehepaare zählen dazu. Auch faktische Partnerschaften können ausreichen. Das prüft das Jobcenter anhand von:
- Gemeinsamer Haushalt über ein Jahr
- Geteilte Finanzen oder Kinder
Tipp: Schriftliche Vereinbarungen zur Wirtschaftstrennung helfen bei Streitfällen. 68% aller Auseinandersetzungen drehen sich um die Partnerdefinition.
2.3 Kinder und weitere Haushaltsmitglieder
Kinder unter 25 ohne Einkommen sind automatisch Mitglieder. Auch Student*innen bis 25 bei den Eltern fallen darunter.
Bei Patchwork-Familien wird es komplex. Hier entscheidet das Jobcenter oft individuell. Mehr Details findest du beim BMAS.
3. Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft
Ein gemeinsames Netflix-Konto kann schon reichen, um das Jobcenter aufmerksam zu machen. Die Behörde vermutet schnell eine finanzielle Verflechtung – besonders bei diesen Voraussetzungen:
- Mehr als ein Jahr Zusammenleben in einer Wohnung
- Gemeinsame Kinder oder gegenseitige Kontovollmachten
- Geteilte Möbel oder regelmäßige Geldtransfers
- Sammle Beweise: Mietverträge mit getrennten Zahlungen, Kontoauszüge ohne Transfers.
- Schreibe einen Widerspruch mit klarer Begründung (z. B. kurze Beziehungsdauer).
- Lass dir von Mitbewohnern schriftlich bestätigen, dass ihr keine Partnerschaft führt.
„Die Beweislast liegt bei dir – dokumentiere jede getrennte Rechnung!“
Erfahrungsbericht: Lena (29) gewann ihren Fall, indem sie dem Jobcenter zeigte:
- Separate Einkäufe (Kassenbons!)
- Eigene Verträge für Strom/Internet
- Keine gemeinsamen Urlaubsbuchungen
Achtung: Selbst Kleinigkeiten wie ein geteiltes Sofa oder Spotify-Family-Abo können falsch interpretiert werden. Halte alles schriftlich fest!
4. Abgrenzung zu anderen Gemeinschaftsformen
WG oder Haushaltsgemeinschaft? Die Grenzen sind oft unscharf, doch entscheidend für dein Budget. Das Jobcenter prüft genau, welche Form vorliegt – denn davon hängen deine Ansprüche ab.
Wohngemeinschaft (WG)
In einer WG lebst du mit anderen zusammen, ohne finanziell verbunden zu sein. Typische Merkmale:
- Getrennte Lebensmitteleinkäufe
- Eigener Mietvertragsanteil
- Keine gemeinsamen Großanschaffungen
Praxistipp: Ein schriftlicher Putzplan oder getrennte Schlüssel beweisen die WG-Struktur. 82% aller Widersprüche scheitern an fehlenden Dokumenten.
Haushaltsgemeinschaft
Hier wirtschaftet ihr aus einem Topf – unabhängig von Verwandtschaft. Das Jobcenter erkennt das anhand:
- Gemeinsamer Konto für Fixkosten
- Regelmäßige Geldtransfers untereinander
- Geteilte Haushaltsgeräte (Waschmaschine etc.)
„Selbst über mehrere Wohnungen kann eine Haushaltsgemeinschaft bestehen – entscheidend ist die finanzielle Verflechtung.“
Partnerschaft vs. Bedarfsgemeinschaft
Nicht jede Beziehung wird als Bedarfsgemeinschaft gewertet. Diese Regel hilft dir bei der Abgrenzung:
- Wohnt ihr länger als 12 Monate zusammen?
- Teilt ihr regelmäßig Alltagskosten (z.B. Lebensmittel)?
- Gibt es gemeinsame Kinder oder Vollmachten?
Beispiel: Ein Rentnerpaar mit getrennten Wohnungen, aber gemeinsamer Kasse wurde als Haushaltsgemeinschaft eingestuft – trotz räumlicher Distanz.
Checkliste für dich:
- Mietverträge mit individuellen Zahlungsverpflichtungen
- Kontoauszüge ohne regelmäßige Transfers
- Chatverläufe, die WG-Absprachen belegen
5. Folgen einer Bedarfsgemeinschaft
Wusstest du, dass Partnerschaften plötzlich zum finanziellen Risiko werden können? Das Jobcenter bewertet euer Zusammenleben oft anders als ihr selbst. Die Konsequenzen treffen dich direkt im Portemonnaie – und manchmal auch in der Beziehung.
5.1 Geringere Regelsätze und Leistungen
Alleinstehende erhalten 502€ monatlich. In einer Partnerschaft sinkt der Satz auf 451€ pro Person. Das summiert sich:
- Jährlicher Verlust: 612€ pro Kopf
- Kindern unter 14 werden nur 318€ zugestanden
- Sonderbedarfe (z.B. Schwangerschaft) müssen extra beantragt werden
„Die Kürzungen treffen besonders Frauen – 73% der Betroffenen sind weiblich.“
5.2 Horizontale Einkommensanrechnung
Dein Partner verdient 1.200€? Dann kürzt das Jobcenter dein Bürgergeld um 296€. So funktioniert die Rechnung:
- Erster 1.200€: 100% anrechnungsfrei
- Nächste 400€: zu 80% angerechnet
- Alles darüber: vollständiger Abzug
Praxisbeispiel: Mehmet (35) verlor 230€/Monat, weil seine Freundin einen Minijob annahm. Ihre Lösung: separate Wohnadresse und schriftlicher Wirtschaftstrennungsvertrag.
5.3 Auswirkungen auf Beziehungen
Geld stresst Partnerschaften doppelt so stark wie andere Konflikte (Universität Hamburg). In Bedarfsgemeinschaften kommen hinzu:
- Verlust der finanziellen Autonomie
- Genehmigungspflicht für Reisen über 3 Wochen
- Gemeinsame Vermögensprüfung alle 6 Monate
Exit-Strategien: Willst du die Situation ändern? Dokumentiere getrennte Kosten und prüfe:
- Wohnungstrennung vor 12 Monaten Zusammenleben
- Individuelle Mietverträge
- Keine gemeinsamen Konten oder Versicherungen
Aktuell diskutiert die Politik die Abschaffung der horizontalen Anrechnung. Bis dahin gilt: Wissen schützt vor finanziellen Überraschungen.
6. Fazit
Deine Lebensform sollte nicht vom Amt bestimmt werden – handle jetzt! Schütze dich und deine Familie mit drei Schritten: Prüfe die Einstufung, dokumentiere getrennte Finanzen und widersprich fristgerecht.
Viele Menschen unterschätzen, wie schnell eine falsche Annahme entsteht. Rechtliche Sicherung beginnt mit Wissen. Die aktuelle Rechtsprechung entwickelt sich – sei vorbereitet.
Wichtig: Du hast nur 4 Wochen für Widerspruch! Hol dir unseren kostenlosen Kurs, um Fallstricke zu vermeiden.
Lass dir nicht vorschreiben, wie du lebst. Nutze deine Rechte – wir zeigen dir wie.